Verwandschaft im Projektraum Ozean, Berlin, 2011

Ausstellung im Ozean Berlin, Oktober 2011

Verwandtschaft Auf Flohmärkten und Recyclinghöfen hat Martin Sommer im Stich gelassenes Geschirr, Töpfe und Übertöpfe, Kaffee- oder Teekannendeckel, Glasvasen und –schüsseln, Einweck- und langstielige Trinkgläser, Zuckerdosen, Puppen und Nippesfiguren gesampelt. Manche der trivialen häuslichen Objekte aus Keramik oder Metall sind mit Farbe neu angestrichen, bevor sie alle, balusterartig aufeinandergesetzt, zum Gruppenauftritt arrangiert wurden. Positionen upside-down wechseln mit hasardiösen Vertauschungen der Gefäßgrößen, transparentes Glas unterbricht optisch ein standhaftes Aufeinandertürmen – alles trägt so zur Labilisierung von solidem Gleichgewicht bei, und obendrein sieht es so aus, als habe eine magisch-skeptische Eigenmächtigkeit den Objekten diesen artistischen Auftritt erlaubt. Und so geht es zu wie in dem legendären Kunststück, rohe Eier aufzustellen. Man nimmt ein Ei zwischen die Hände und hält es vorsichtig eine Weile senkrecht, bevor man langsam die Hände zurückzieht und - Zauber Zauber - das Ei von alleine steht. Stolze Magier dieses Kunststücks übersehen dabei in der Regel, dass das Staunen weniger ihnen gilt, sondern mehr dem Ei, was sich über Tage oder Wochen nicht mehr aus der Fassung bringen lässt. Martin Sommer entwirft eine verschwörerische Poetik, in welcher die Grenzen zwischen intentionalem Subjekt und absichtsloser Dingwelt verschwimmen. Emptiness, wie er den Ausnahmezustand des kreativen Akts nennt, wird zum Decknamen dieser Poetik.
Ursula Panhans-Bühlerr